Ich starte morgens um 8.15 Uhr auf dem Brend. Eine herrliche Aussicht gleich zu Anfang.
Der Brend ist der höchste Punkt des WasserWeltenSteigs. Ich bin erstaunt, dass ich die höchste Erhebung schon „erklommen“ habe. Heute wird mich der Weg leicht abwärts führen, mit ein paar kleineren Aufstiegen zwischendurch. Ich bin gespannt. Los geht’s…
Direkt hinter dem Brend laufe ich parallel zur Straße entlang, die mich Clemens eben noch hoch gefahren hat. Da der Weg aber leicht in den Wald hinein versetzt ist und ich auf dem schönen weichen Waldboden marschiere, ist es nicht weiter schlimm der Richtung der Straße zu folgen.
Hier sind der WasserWeltenSteig und der Westweg ca. 10 km lang deckungsgleich. Falls ich mich also nächstes Jahr tatsächlich auf den Westweg aufmachen sollte, dann kenne ich mich schon aus… 🙂
Es folgt ein schmaler Trampelpfad entlang einer Kuhweide und es gibt immer wieder tolle Fotomotive.
Nun folgt ein kurzes Stück Weg direkt auf der Straße. Das ist zwar nicht so schön zu laufen und ich fluche, da es auch noch anfängt leicht zu regnen. Hat mir Clemens nicht noch gesagt, ich solle einen Schirm mitnehmen? Mist. Aber gut, ich bin ja nicht aus Zucker und… siehe da, es hört auch sehr bald wieder auf.
Nach ungefähr einer Stunde komme ich auf einen Trimm-dich-Pfad. Dort laden Holzliegen mit herrlicher Aussicht zur Rast ein. So ein Angebot kann ich mir einfach nicht entgehen lassen und ich packe erst einmal mein Frühstück aus. Ich befinde mich jetzt auf dem Höhenweg zwischen Ladstatt und Neueck.
Als ich wieder aus dem Wald herauskomme kann ich linker Hand einen kurzen Blick auf Furtwangen werfen. Von hinten holt mich ein einheimischer „Nordic-Walker“ ein und wir gehen ein kleines Stück zusammen. Er erzählt mir, dass er in letzter Zeit (Corona sei Dank) viel mehr Wanderer sehe und wie toll er das findet. Ehrlich gesagt, sind mir auf dem WasserWeltenSteig bisher nicht so viele andere Wanderer begegnet, wie zum Beispiel auf den Jakobswegen. Aber vielleicht kommt mir das auch nur so vor.
Vor lauter Plaudern mit dem nordischen Zeitgenossen, merke ich doch tatsächlich nicht, dass ich gerade die Wasserscheide zwischen Wilder Gutach/Elz und der Breg, also zwischen Rhein und Donau passiere.
Wir verabschieden uns und ich laufe weiter – wieder in den Wald hinein und bin dabei an einem „Wanderer“ vorbei gekommen, den ich schon mehrfach vom Auto aus gesehen habe.
Im nun folgenden Waldstück gibt es einen ausgeschilderten Weg, auf dem mehrere Holzfiguren in Tierform zu sehen sind. Ich bin wirklich fasziniert von diesem Können.
Ich biege wieder ab und laufe über eine Brücke – unter mir befindet sich die B 500. Ihr werde ich demnächst noch einmal begegnen, dann wird sich die Bundesstraße oben befinden und ich mich weit unten…
Es geht wieder in den Wald. Ja, ich wiederhole mich. Aber im Schwarzwald hat es nun mal viel Wald. 😉
Das folgende Stück hat es in sich. Ich erhasche noch einmal einen kurzen Blick auf Furtwangen. Dann geht es recht steil den Berg runter. Zum Glück habe ich meine Wanderstöcke dabei. Meine Knie danken es mir.
Schau an, da ist sie wieder: ich sehe hoch oben über mir die B 500. Unter dem Viadukt durch, ahne ich es schon… Auf der anderen Seite geht es steil den Berg wieder hoch. Oben angekommen (nach insgesamt knapp 10 km) mache ich meine zweite Rast.
Essen, Trinken, Trinksystem auffüllen, Füße tapen, Rucksack neu ordnen …und auf einmal kommen auch ein paar Wanderer an meinem Rastplatz vorbei. Ich bin also nicht die einzige Verrückte, die morgens um 10 Uhr im Wald anzutreffen ist. Dem einen oder anderen Rucksack nach, sind nicht nur Tageswanderer unterwegs, sondern auch einige, die Mehrtagestouren machen.
Mein Nachtisch wächst auch gleich rechter Hand direkt in Waldbodennähe.
Noch einmal überquere ich die B 500. Dann wird es richtig mystisch. Der Wald sieht aus, als ob man hier nach dem letzten Märchenfilm-Dreh vergessen hätte die Kulissen abzubauen. Es ist total ruhig. Weit und breit ist kein anderer Mensch zu sehen. Außer dem Gezwitscher der Vögel, dem Wind in den Bäumen und meinen Laufgeräuschen ist nichts zu hören. Eine Wohltat für die Seele. Ich atme tief durch und lasse das alles auf mich wirken. Es ist einfach unbeschreiblich.
Ich befinde mich hier zwischen der Michelshöhe (1104 m) und der Adlerhöhe, zwischen Urachtal und Linachtal.
Ein weiterer kleiner Aufstieg folgt. Jemand hat sich die Mühe gemacht und kleine Botschaften auf Holzscheite geschrieben. Eine tolle Motivation.
Es fängt wieder leicht an zu regnen. Also das nächste Mal sollte ich wohl doch auf meinen einheimischen Freund hören, wenn er mir zu einem Regenschirm rät. 🙂 Aber auch jetzt hört es zum Glück schnell wieder auf und ich werde nicht allzu nass.
Ein ganzes Stück später geht es wieder den Berg hinunter. Ein paar mal frage ich mich, ob ich richtig bin, da der Weg schon halb zugewachsen und stellenweise nur noch zu erahnen ist. Aber die Schilder zeigen eindeutig in diese Richtung.
Ich erreiche über einen etwas breiteren Trampelpfad die Linach.
Erst führt ein sehr schmaler Weg am rechten Ufer der Linachtalsperre entlang. Erst ungefähr bei der Hälfte des Sees wird er etwas größer. Unglaublich viele schöne Libellen gibt es hier. Ich komme aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Die Linachtalsperre ist mit ihren 13 Bögen und zwölf Pfeilern einzigartig in Deutschland. Sie ist die einzige Gewölbereihenstaumauer mit schrägliegender Wasserseite und ist heute ein Baukulturdenkmal.
Mit dem Bau der 25 Meter hohen und 143 Meter langen Mauer wurde im Jahr 1922 begonnen und ab 1925 war sie voll funktionsfähig und produzierte Strom.
Im Jahr 1969 wurde jedoch die Stromproduktion dort wieder eingestellt. Die Mauer war renovierungsbedürftig und man überließ die Linachtalsperre aus Kostengründen dem Verfall.
1988 wurde das Wasser vollständig abgelassen. Erst in den Jahren 2006 und 2007 wurde ein Sanierungskonzept verwirklicht und die Linachtalsperre wieder reaktiviert. Dort wird heute wieder Strom erzeugt und der Stausee dient als idyllisches Naherholungsgebiet.
Einmal über die Staumauer drüber, auf der anderen Seite angekommen, geht es direkt wieder einen kleinen Pfad hinunter zum Fuß der Mauer.
Handyempfang in diesem Tal? Keine Chance. Das wird mir gleich noch zum Verhängnis… 🤦🏼♀️
Ab heute werde ich nie wieder loslaufen ohne mir meine Wanderroute vorher runter geladen zu haben… Ich verlaufe mich. Natürlich…
Vor lauter schauen und staunen versäume ich meinen Abzweig. Ich merke es erst gar nicht, weil der Weg geradeaus durch ein Tal geht. An der nächsten Abzweigung stutze ich… mein Wegzeichen ist weg. Kann doch eigentlich gar nicht sein. Oder doch?? Ich will nach Hammereisenbach. Das ist angeschrieben. Aber warum fehlt mein stilisierter Wasserfall auf dem Wegweiser?? Meine Karte habe ich natürlich nicht heruntergeladen. Hätte ich mir den Wegverlauf mal lieber im Vorneherein besser angeschaut.
Nun gut… ich laufe Richtung Hammereisenbach weiter… und lande auf einer Straße. Wo bin ich denn jetzt? Mist. Ich bin ratlos.
Auf einer kleinen Parkbucht stehe ich da, wie in den guten alten Handyzeiten: Arm in die Luft, vielleicht erhasche ich doch noch ein Funksignal.
Ich bin echt enttäuscht. Ziemlich genau 19,5 km zeigt meine GPS-Uhr an. Die restlichen 4,5 km der 2. Etappe hätte ich auch noch geschafft. Ich fühle mich gut, könnte locker weiter laufen.
Siehe da, irgendwie erreiche ich mein höchstpersönliches Anjas-Wander-und-zum-Startpunkt-hinbring-und-irgendwo-in-der-Pampa-wieder-abhol-Taxi doch noch. Die halbe Stunde Wartezeit bis es da ist, verbringe ich rastlos… Das kann doch nicht sein, dass ich mich verlaufen habe… Ich gehe zum letzten Wegweiser zurück. Und fasse es kaum!! Auf der Rückseite des Schilds gibt es noch eine andere Beschilderung nach Hammereisenbach.
Das kann ich nicht auf mir sitzen lassen. Also laufe ich ein Stück diesen Weg entlang und siehe da… mein stilisierter Wasserfall hängt auf einmal wieder am Baum. Das gibt es doch nicht! Schnell mal meinem Taxi Bescheid geben… Fehlanzeige. Schon wieder keinen Handyempfang. Verflixt. Diese restlichen paar Kilometer sind mir heute wohl nicht vergönnt.
Mein Taxi holt mich dann auch recht zügig ab. Ich bin ziemlich enttäuscht, dass ich die Etappe abbrechen musste. Das fuchst mich tierisch.
Das nächste mal starte ich dann eben von der Linachtalsperre. Und dann schaue ich, direkt am Fuß der Staumauer, dass ich gleich zu Beginn den richtigen Weg einschlage.
Die heutige Etappe war wunderschön. Auch wenn ich anfangs etwas enttäuscht war, da man auf diesem Stück des WasserWeltenSteigs außer der Linachtalsperre kein anderes (größeres) Gewässer zu Gesicht bekommt. Mal abgesehen von den kleinen Tümpeln an den Bauernhöfen. Doch umso größer war die Freude und umso überwältigender der Anblick beim Erreichen der Linachtalsperre. 🙂
Ein wirklich toller Weg. Fast so toll wie der Jakobsweg zwischen Hausach und Elzach. Aber über den habe ich bisher noch gar nicht berichtet. Das mache ich dann ein anderes Mal… 😉